Worldly Hearts

Ausstellungsraum Klingental, 2024

Bilder: Anna Reutinger


Worldy Hearts 

Anna Reutinger
mit
Stefanie Albrecht, Vera Bruggmann, Sabrina Davatz, Fanny Adriana Dunning, Lea Kuhn, Sonja Lippuner, Céline Manz, Lisa Mazenauer, Claudia Moddelmog, Barbara Muff, Franca Schaad und Lydia Sonderegger.

Kuratiert von Franca Schaad


Im 15. Jahrhundert lebte im Kloster Klingental eine Gruppe radikaler Nonnen, die geschickte Geschäftsfrauen waren und gegen den Kodex des klösterlichen Lebens verstiessen, indem sie sich prunkvolle Zimmer einrichteten, weltliche Bücher und Kleidung aufbewahrten und das Kloster oft verliessen, um zu baden oder andere Ausflüge zu unternehmen. Während einer Welle von Klosterreformen auf päpstliche Anordnung hin, wurden sie aufgefordert, auf allen persönlichen Besitz zu verzichten und ein eingeschränktes Leben zu führen, wogegen sie sich auf zahlreiche raffinierte Arten mutig zur Wehr setzten. Durch Gesänge und rezitierte Verse machten sie die Verlesung der Reformanweisungen unmöglich, sie drohten damit, den Konvent vollständig niederzubrennen, sie griffen zu den Waffen gegen diejenigen, die sie reformieren sollten, sie verliessen kollektiv das Kloster und setzten ihren Widerstand im Ausland fort, stahlen das Klostersiegel, führten ihre Geschäfte weiter und bestachen schliesslich den Erzherzog Sigmund von Österreich, damit dieser seinen Einfluss geltend machte, um den päpstlichen Reformbefehl aufzuheben.
Anna Reutingers Projekt Worldly hearts nimmt die Geschichte der radikalen Nonnen vom Klingental als Ausgangspunkt für eine künstlerische Verflechtungsgeschichte der Vielen.

Ein im Dezember 2023 abgehaltener Workshop lud die Teilnehmerinnen ein, die komplexe Geschichte der Nonnen vom Klingental und ihren Widerstand gegen die religiösen und weltlichen Zwänge des Mittelalters durch eine zeitgenössische Brille neu zu betrachten. Sie diskutierten Quellen aus dem Klosterarchiv, probierten natürliche Färbetechniken und kollektive Erzähl- und Erinnerungsstrategien aus, diskutierten über die eigenen Erfahrungen in einer patriarchalen Gesellschaft und mögliche Formen des Widerstandes dagegen. Während der Arbeit an Schleiern wurde der 37 widerständigen Nonnen gedacht, wurde ihr klösterliches und zugleich weltliches Leben imaginiert. Worldly hearts bezieht sich auf die Geschichte der Stadt Basel in der – mit eindeutiger Abwertung – steht, die Nonnen seien “von weltlichem Herzen nach Lust” (in Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel. 1916.  S. 838.).

Anna Reutingers Arbeit thematisiert historische Sichtbarmachung ebenso wie die Abwertung, die vermeintlich weiblich konnotiertes ‘Handwerk’ wie beispielsweise Sticken und Quilten oft erfuhr und erfährt. Zugleich lädt die Ausstellung ein, diesen bunten Faden der Basler Geschichte aufzunehmen und selbst weiterzuspinnen.



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